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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Beschluss verkündet am 28.10.1999
Aktenzeichen: 14 W 1786/98
Rechtsgebiete: BGB, GVG, Sächsisches Vermessungsgesetz


Vorschriften:

BGB § 631
GVG § 13
Sächsisches Vermessungsgesetz § 5
Leitsatz:

BGB § 631; GVG § 13; Sächsisches Vermessungsgesetz § 5

Für die Klage auf Auftragsvergütung eines öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs ist der ordentliche Rechtsweg eröffnet.

OLG Dresden, Beschluss v. 28.10.1999, - 14 W 1786/98 -


Oberlandesgericht Dresden

Aktenzeichen: 14 W 1786/98 7-O-2737/98 LG Chemnitz

Beschluss

des 14. Zivilsenats

vom 28.10.1999

In dem Rechtsstreit

Kläger und Beschwerdeführer

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt ,

gegen

Beklagte und Beschwerdegegnerin

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ,

hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden ohne mündliche Verhandlung durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ,

Richter am Landgericht und Richter am Oberlandesgericht

beschlossen:

Tenor:

1. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Landgerichts Chemnitz vom 04.11.1998 - Az.: ........... - abgeändert und der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für zulässig erklärt.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beklagte.

3. Der Beschwerdewert wird auf 5.939,00 DM festgesetzt.

Gründe:

Die sofortige Beschwerde ist zulässig und begründet. Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten ist eröffnet.

1. Die sofortige Beschwerde ist nach § 17 a Abs. 4 Satz 3 GVG statthaft und zulässig. Die zweiwöchige Beschwerdefrist des § 577 Abs. 2 ZPO ist nicht bereits mit der am 04.11.1998 (Bl. 91 d.A.) erfolgten Verkündung der Rechtswegentscheidung, sondern erst mit deren Zustellung nach § 329 Abs. 3 ZPO am 10.11.1998 in Lauf gesetzt worden (Zöller/Gummer, ZPO, 21. Aufl., § 17 a GVG Rdn. 14). Die sofortige Beschwerde vom 19.11.1998 (Bl. 94 ff. d.A.) ist am 23.11.1998 somit fristgemäß eingegangen.

2. Die sofortige Beschwerde ist begründet. Es handelt sich vorliegend um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit nach § 13 Abs. 1 GVG, für die mangels Sonderzuweisung der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben ist.

Die Frage, ob ein Rechtsstreit dem Zivilrecht oder dem öffentlichen Recht zuzuordnen ist, richtet sich nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird. Entscheidend ist dabei die wirkliche Natur des Anspruchs, nicht dagegen der Umstand, ob der Kläger sich auf eine zivilrechtliche oder eine öffentlich-rechtliche Anspruchsgrundlage beruft (vgl. GmS-OGB BGHZ 102, 280, 283 f. - Rollstühle; GmS-OGB BGHZ 108, 284, 286 - öffentlich-rechtliche Krankenkassen). Danach liegt im Streitfall ein Rechtsverhältnis privatrechtlicher Art vor.

Zwar sind die öffentlich bestellten Vermessungsingenieure nach § 5 Abs. 1 des Gesetzes über die Landesvermessung und das Liegenschaftskataster im Freistaat Sachsen (Sächsisches Vermessungsgesetz-SVermG i.d.F.v. 02.08.1994, SächsGVBl. S. 1457) zu Arbeiten nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 SVermG, d.h. zur Katastervermessung, als Träger eines öffentlichen Amtes bestellt. Nach § 5 Abs. 2 SVermG haben die bestellten Vermessungsingenieure die Aufgabe, in Zusammenarbeit mit den Vermessungsbehörden an der Erhaltung und Fortführung des Liegenschaftskatasters mitzuwirken. Insoweit sind sie an die für die Vermessungsbehörden geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften gebunden und der Aufsicht durch das Landesvermessungsamt unterstellt, § 5 Abs. 2 Satz 2 SVermG.

Danach hat der Staat zwar Aufgaben und Kompetenzen, die ihrer Natur nach zu seinem öffentlich-rechtlichen Aufgabenbereich gehören, auf den öffentlich-bestellten Vermessungsingenieur delegiert. Dies lässt jedoch unberührt, dass der öffentlich bestellte Vermessungsingenieur freiberuflich tätig ist, § 5 Abs. 1 Satz 1 SVermG, und in seiner Amtstätigkeit an einen privatrechtlichen, der Beurteilung durch die Aufsichtsbehörde entzogenen Vertrag anknüpft (BGHZ 121, 126, 129). Bei der Beurteilung der Natur des anspruchsbegründenden Rechtsverhältnisses ist zu berücksichtigen, dass die öffentliche Verwaltung die ihr anvertrauten öffentlichen Aufgaben auch in der Form und mit Mitteln des Privatrechts erfüllen kann, wenn und soweit keine öffentlich-rechtliche Normen oder Rechtsgrundsätze entgegenstehen (BVerwGE 92, 56, 64 = NJW 1993, 2695). Deshalb darf nicht ohne weiteres von einer öffentlichen Aufgabe auf den öffentlich-rechtlichen Charakter ihrer Ausführung geschlossen werden (vgl. BVerwGE 7, 264 f.; 94, 229, 231 f. = NJW 1994, 1169). Bei einem Streit um die Aufgabenerfüllung kommt es für die Rechtswegzuordnung folglich nicht entscheidend auf das rechtliche Gepräge der Aufgabe, sondern auf das ihrer Erfüllung an (vgl. BVerwGE 94, 229, 232 = NJW 1994, 1169).

Diese Aufgabenerfüllung ist hinsichtlich der Erlangung, Durchführung und Vergütung eines Auftrags des öffentlich-bestellten Vermessungsingenieurs privatrechtlich ausgestaltet (BGHZ 121, 126, 129 ff.; teilweise abweichend OLG Düsseldorf, NJW-RR 1996, 269; OLG Hamm MDR 1984, 677; LG Kiel, BauR 1991, 372; LG Mühlhausen, DtZ 1997, 327). Im Streitfall hat die Beklagte den Kläger mit einer Teilungsvermessung durch Schreiben vom 30.10.1996 (Anlage K 3) beauftragt. Damit kam zwischen den Parteien ein Werkvertrag zustande. Dies stellt auch die Beklagte nicht in Abrede (Beschwerdeerwiderung, Seite 2 f.; Bl. 101 f. d.A.). Für die Bildung von Flurstücken, die Gebäudeaufnahme und die Grenzfeststellung mit Abmarkung macht der Kläger somit ein privatrechtliches Honorar geltend, das vor den ordentlichen Gerichten einzuklagen ist (vgl. BGHZ 121, 126, 129). Zwar gelten für die Verpflichtung zur Leistung von Vermessungsgebühren und -kosten sowie für deren Umfang und Höhe die für die staatlichen Vermessungsämter maßgebenden Vorschriften auch dann, wenn Vermessungsaufgaben durch öffentlich bestellte Vermessungsingenieure wahrgenommen werden, § 20 Abs. 1 SVermG. Deshalb bemisst sich nach § 10 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über Öffentlich bestellte Vermessungsingenieure im Freistaat Sachsen (ÖbV-Verordnung, ÖbVVO i.d.F. v. 26.10.1994, SächsGVBl. S. 1619) die Vergütung des öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs nach den Vorschriften über die Gebühren und Auslagen der staatlichen Vermessungsämter. Durch diese Gebührensätze wird die privatrechtliche Vergütung des öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs jedoch nur nach unten begrenzt. So kann der öffentlich bestellte Vermessungsingenieur mit dem Auftraggeber nach § 10 Abs. 2 Satz 1 ÖbVVO eine höhere Vergütung vereinbaren. Das Entgelt für den öffentlich bestellten Vermessungsingenieur, der vom Staat keine Besoldung erhält, stellt deshalb keine öffentlich-rechtliche Gebühr, sondern eine Vergütung dar, die dem bürgerlichen Recht unterfällt. Im Streitfall ist deshalb für die Geltendmachung einer solchen Vergütung der ordentliche Rechtsweg eröffnet.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 3 ZPO. Dabei wurde ein Wert von 1/3 des mit 17.817,00 DM angenommenen Streitwerts des Verfahrens angesetzt. Da die Unzulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs seit der Neugestaltung des Verweisungsverfahrens in § 17 a GVG nicht mehr zur Abweisung durch Prozessurteil führen kann, sondern eine Verweisung auch ohne Antrag von Amts wegen zu erfolgen hat, erscheint das Interesse des Beschwerdeführers, den Rechtsstreit in dem seiner Meinung nach eröffneten Gerichtszweig zu entscheiden, mit dem Bruchteil von 1/3 des Hauptsachewerts angemessen und ausreichend bewertet (vgl. BGH, NJW 1997, 1636, 1637).

Ende der Entscheidung

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